Antrag auf Erweiterung der MVA mit 280.000 to/Jahr
Die Müllverbrennungsanlage (MVA) Tornesch-Ahrenlohe im Herzen des Kreis Pinneberg soll erweitert werden.
Die Vorplanungen laufen seit dem Jahr 2005/2006.
In zwei Erweiterungsstufen von je 100.000 to / Jahr soll die alte Anlage bis zum Jahr 2015 auf 280.000 to/Jahr erweitert werden. Bis auf unbestimmte Zeit soll die alte Verbrennungslinie mit 80.000 to/Jahr weiterbetrieben werden. Es wurde eine Gesamtkapazität von 280.000 to/Jahr beantragt.
Handelt es sich um ein Geheimprojekt? Auf der homepage des MVA Betreibers (http://www.gab-tornesch.de/ Stand Februar 2008) sind keine Informationen zum Ausbau der MVA zu finden.
Der Kreis Pinneberg hält 51%, die Firma Remondis 49% der Anteile an der GAB, die die MVA betreibt.
- Von 1973 (Inbetriebnahme) bis 1987 (erste Umrüstung) wurden extreme Mengen an Dioxin/Furan ausgestoßen. Nach unseren unwiderlegten Berechnungen wurden 2 Kg Dioxin/Furan emittiert – eine ähnliche Menge wie beim Seveso Unglück 1976, wo man von einigen hundert Gramm bis zu wenigen Kilogramm ausgeht. In der Umgebung der MVA herrscht die im Bundesvergleich höchste Dioxinbelastung.
- Die MVA verbrennt derzeit pro Jahr 80.000 to Müll und versorgt Teile Pinnebergs mit Fernwärme. Zusätzliche (Ab-)Wärme ist nach Betreiberaussagen derzeit nicht wirtschaftlich nutzbar. Die zusätzliche Abwärme muss also an die Umgebung abgegeben werden.
- Das „Müllheizkraftwerk“ hat einen Wirkungsgrad von knapp 18% in Bezug auf die Stromgewinnung (siehe Vortrag Klaus Koch). Die Energieeffizienz (bundespolitisches Ziel) ist damit die schlechteste in Deutschland.
- Durch Vertragsvereinbarungen mit den Kreisen Steinburg und Dithmarschen, die bis 2015 laufen, sind zusätzlich ca. 60 – 70.000 to, also insgesamt ca. 160.000 to Haushaltsmüll pro Jahr zu entsorgen.
Anmerkung: der Bedarf an Verbrennungskapazität wurde ursprünglich mit 140.000, dann 150 – 180.000 to (Dez. 2006) , mittlerweile (April 2007) mit 200.000 to angegeben. Dieses „Wachstum“ scheint eine Reaktion auf die Kritik an Überkapazität zu sein. - Die Kapazität der MVA soll in mehreren Stufen auf ca. 280.000 to pro Jahr ausgeweitet werden. Das sind ca. 100.000 bis 120.000 to mehr als benötigt. Der Kreis Pinneberg wird damit zum Müllimportgebiet.
- Es kommt zu einer entsprechenden Zunahme der Verkehrsbelastung bereits überlasteter Straßen, bspw. in Ellerhoop oder Kummerfeld
- Die Rauchgasreinigungsanlage wurde 1995 unter dem Schock hoher Dioxinbelastungen auf einen technisch relativ hohen Stand gebracht. Ausnahme: NOx; hier werden 90% des Grenzwertes erreicht.
- Beim Erörterungstermin im Juli 2007 wurden trotzdem aktuelle Grenzwertüberschreitungen festgestellt.
- Beantragt wurde ein schlechterer Wirkungsgrad der Filtertechnik als bei der Altanlage. Damit muss mit einer Vervielfachung der Schadstoffmengen um das 10 bis 20 fache und darüber gerechnet werden.
Wir haben für einen Zeitraum von 30 Betriebsjahren die Schadstoffsummen errechnet. Un zwar zum Einen für die geplante Anlage und zum Anderen für eine Anlage mit bestverfügbarer Reinungungstechnik. Nur ein Beispiel: anstatt mehr als 1.000 kg Quecksilber müssten „nur“ 36 kg entweichen. - Bei Quecksilber bspw. liegen die derzeitigen Emissionen bei 2,3% des gesetzlichen Grenzwertes (Umwelterklärung der MVA 2006). Für die Erweiterung beantragt wurden 100% Ausnutzung der gesetzlichen Grenzen. Mit der Mengenzunahme um 200.000 to/Jahr bedeutet dies eine Erhöhung um den Faktor 100.
- Neben den Supergiften Dioxin und Furan werden auch erhebliche Mengen Feinstaub, Schwermetalle und saure Gase ausgestoßen.
- Ab 2013 gelten schärfere Grenzwerte. Bei NOx wird der Grenzwert von 200 auf 100 mg/cbbm abgesenkt. Die Altanlage liegt mit ca 180 mg/cbm erheblich über dem neuen Grenzwert.
- Die Schadstoffgrenzwerte laut Gesetz (17. BIMSCH) beziehen sich auf den cbm Abluft. Für die Genehmigung ist es unerheblich, wieviel cbm ausgestoßen werden, solange der Grenzwert eingehalten wird.
- Allein im 200 KM Umfeld um Hamburg werden Neukapazitäten von 2.5 MIO To geplant. In Schleswig-Holstein sind viele Neuanlagen oder Erweiterungen von MVA in Planung. Der Kreis Pinneberg hat mit dem schon frühzeitig kritisierten Gewerbegebiet OHA bereits ca. 17 MIO EURO verloren. Hier droht wegen der sich abzeichnenden Überkapazitäten unter Umständen ein neues Millionengrab. Die Müllmengen sind ab 2015 vertraglich nicht gesichert.
- Betroffen durch die Schadstoffe, die schädliche Wirkung auf den Raum und die möglichen finanziellen Risiken sind nicht nur die umliegenden Gemeinden sondern der gesamte Kreis Pinneberg.
Die lungengängigen schwermetallhaltigen Feinstäube sind in jüngster Zeit wegen ihrer krebserregenden Wirkung stark in die Schlagzeilen geraten. Viele öffentlich zugängliche Studien belegen, dass es im Umfeld von MVAs ein deutlich erhöhtes Krebsrisiko geben kann. Greenpeace hat eine europaweite Auswertung von Studien über die Gesundheitsschäden im Bereich von MVAs zusammengetragen (www.greenpeace.at/uploads/media/muellverbrennung.pdf).
Beispielhaft wurde unter anderem ein 3,5- bzw. 6,7-faches erhöhtes Sterblichkeitsrisiko durch Lungenkrebs festgestellt. In einer anderen Studie wurde eine 2-fach erhöhte Krebssterblichkeit bei Kindern festgestellt. Weitere Studien berichten von Atemwegserkrankungen und –beschwerden.
Zitat: „MVAs tragen somit wesentlich zu dieser Art von ‚partikelförmiger‘ Luftverschmutzung, die für die Gesundheit des Menschen besonders gefährlich ist, bei. Zudem lassen neueste Forschungsergebnisse darauf schließen, dass schwermetallhaltige Staubpartikel, wie solche, die durch Müllverbrennung entstehen, hochgradig gesundheitsschädlich sind.“
Zeichnet sich hier ein erneutes Finanzdesaster für den Kreis ab? Allein in Norddeutschland wird der Aus- und Neubau von Verbrennungsanlagen weit über das benötigte Maß hinaus geplant. Was passiert jedoch, wenn Überkapazitäten gebaut werden? Weiterhin gibt es EU-Bestrebungen, dass, anders als heute, künftig jeder Haushalt seinen Entsorger frei auswählen kann. Beides könnte zu sinkenden Preisen führen. Das sagt sogar die Betreiberfirma Remondis (Zitat siehe Flugblatt)
Wir betrachten zudem die Verbrennung unsortierten Mülls, wie sie heute noch vielfach betrieben wird, nicht als zukunftsfähig hinsichtlich der C02 Bilanz und der Recycling-Quote. Die zukünftigen Entwicklungen werden die heute für ca. 30 – 35 Jahre geplante Anlage auch wirtschaftlich einholen.
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