Einwendungen zum Bau der MVA Tornesch Ahrenlohe mit 110.000 to / Jahr
Jedermann ist berechtigt Einwendungen zum geplanten Bau der Müllverbrennungsanlage Tornesch Ahrenlohe vorzubringen – auch ohne Angabe von Gründen. Es entstehen dabei keine Kosten oder Gebühren.
Abgabefrist ist der 17.04.2025.
Weiter unten gibt es einen Mustertext (auch als download) zur Einwendung.
Hinweise zum unten formulierten Text „Musterformulierung für die Einwendung“
- dieser Text kann sofort genutzt werden
- der Text kann dabei für die eigene Einwendung beliebig genutzt, ergänzt und verändert werden
- er ist weitgehend fertig gestellt, wird von uns in Details vermutlich noch bis 09.04.2025 ergänzt und angepasst
Formalien
Absender: [Vollständiger Name und Anschrift des Einwenders]
Angabe des Aktenzeichens: G50/2024/017 (ist von uns bereits eingefügt).
Unterschrift (bei schriftlicher Einreichung per Post).
Die möglichst klare Darstellung der Einwände, z. B. persönliche Betroffenheit oder fachliche Kritikpunkte.
So kann die Einwendung eingereicht werden
- Schriftlich per Post(Achtung: Laufzeit bedenken) an:
Landesamt für Umwelt
Abteilung Immissionsschutz
Hamburger Chaussee 25
24220 Flintbek
(Hinweis: Eine Unterschrift ist bei E-Mail-Einreichungen nicht erforderlich, aber Name und Anschrift müssen enthalten sein).
- Per Fax: : (04347) 704-116 (Sendebericht aufbewahren).
Oder ggf. persönlich Amt Rantzau, Barmstedt (möglichst mit Quittung)
Frist
Die Einwendungsfrist endet am 17. April 2025. Die Einwendung muss spätestens an diesem Tag bei der Behörde eingegangen sein; der Poststempel reicht nicht aus.
Musterformulierung für die Einwendung
Landesamt für Umwelt
Abteilung Immissionsschutz
Hamburger Chaussee 25
24220 Flintbek
Poststelle.Flintbek@lfu.landsh.de
Betreff: Einwendung gegen den Neubau der MVA Tornesch Ahrenlohe gemäß § 10 BImSchG
An das Landesamt für Landwirtschaft und nachhaltige Landentwicklung,
hiermit erhebe ich fristgerecht Einspruch bzw. Einwendungen gegen das Vorhaben AZ: G50/2024/017 aus folgenden Gründen:
Persönliche Betroffenheit
[Es ist ratsam, wenn auch nicht notwendig, die persönliche Betroffenheit darzulegen, z. B. durch Nähe zum Standort oder gesundheitliche Risiken, um die Relevanz der Einwendung zu unterstreichen.]
[Geräusche]
[Verkehrsbelastung]
[persönliche Argumente]
… obiges ausformulieren oder ggf. (Abschnitt) streichen
Der Reihenfolge der Nennung der einzelnen Punkte ist keine Gewichtung beizumessen.
Überdimensionierung
Die geplante Kapazität von 110.000 to/Jahr übersteigt das regionale Siedlungs-Abfallaufkommen erheblich. In der Siedlungsabfallbilanz2022.pdf werden für den Kreis Pinneberg 57.633 to für die Verbrennung („thermische Behandlung“) ausgewiesen.
Dies widerspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und fördert unter Umständen die Verbrennung von importiertem Müll, statt lokale Kreislaufwirtschaft zu stärken.
Die Betreiber begründen die Vergrößerung wohl hauptsächlich mit zukünftig zu entsorgenden „Gewerbemüll“.
Die Mengenausweitung auf 110.000 to/Jahr ist im Umfang nicht nachvollziehbar.
Wenn der Gewerbemüll woanders entsorgt wird – hier gibt es eine Wahlfreiheit – ist die Anlage überdimensioniert. Eine potentielle Überdimensionierung würde aber entweder zu Mülltourismus führen, um die Anlage auszulasten. Oder indirekt zu höheren Müllgebühren, da kalkulierte Einnahmen fehlen.
Die Abfallbilanz für den Kreis Pinneberg sagt nichts zu den 30.000 to „Sonstige Gewerbeabfälle“.
Aussagen zur Zusammensetzung des Gewerbemülls sind nicht bekannt.
Ich fordere, dass der Betreiber (GAB) Aussagen trifft, wie viel von dieser Gewerbemüll-Menge recycelt wird oder recycelt werden kann.
Ich fordere eine Reduktion der Anlagengröße auf die bisherige Anlagengröße von 80.000 to/Jahr, die mit weiteren Anstrengungen zur Müllvermeidung und Recycling in den nächsten 5 Jahrzehnten ausreichen soll.
Mangelnde Energieeffizienz
Der Wirkungsgrad der Anlage liegt bei von neutraler Stelle ermittelten 26,2 %, was unter den EU-Mindestanforderungen für eine energetische Verwertung (R1-Formel) liegt. Somit handelt es sich de facto um eine Beseitigungsanlage, die gegen die Abfallhierarchie (§ 6 KrWG) verstößt.
Ressourcenverschwendung
Bis zu 50 % des Restmülls sind recycelbar (UBA, 2023). Die Verbrennung widerspricht somit dem § 7 KrWG, der die Vorbereitung zur Wiederverwendung priorisiert.
Ich fordere:
– Überprüfung der Kapazitätsplanung anhand aktueller Abfallströme,
– Nachweis der Energieeffizienz gemäß R1-Formel,
– Alternativprüfung eines kombinierten Sortier- und Recyclingzentrums.
Hochwasser- und Starkregenrisiko
– Die Bilsbekniederung liegt in einem Überschwemmungsgebiet mit historischer Auendynamik. Aktuelle Klimaprognosen zeigen eine Zunahme von Starkregenereignissen (Jährlichkeit >30), die bereits in wasserwirtschaftlichen Gutachten der Region als kritisch eingestuft werden.
– Das Gebiet unterliegt dem § 78 WHG, der Bauten in überschwemmungsgefährdeten Zonen nur bei zwingendem öffentlichen Interesse erlaubt. Ein Nachweis der Überflutungssicherheit gemäß DIN 1986-100 liegt nicht vor.
Ich fordere: einen Klimastresstest und den Nachweis der Betriebssicherheit unter Berücksichtigung von Meeresspiegelanstieg und 100-jährigen Starkregenszenarien.
Langfristige Klimarisiken / verfassungswidrige Klimabelastung
Die CO₂-Emissionen der MVA (ca. 0,7–1,1 t CO₂/Tonne Abfall) belasten das Klima über die gesamte Betriebsdauer und verletzen das Verbot der Lastenverlagerung auf zukünftige Generationen** (Art. 20a GG). Zudem werden durch die Einbindung in den Emissionshandel ab 2028 zukünftige Generationen mit CO₂-Kosten belastet.
Die neu geplante Anlage ist überdimensioniert für den Bedarf und erheblich größer als die Vorgänger-Anlage (s.o.).
Dadurch werden implizit Reize gesetzt, mehr Müll zu produzieren, da dieser ja für Strom und Wärmeerzeugung genutzt wird.
Ich bitte das Landesamt um eine Gesamtbetrachtung, die den Gesamtaufwand zur Produktion von Gütern (später: Hausmüll) und dessen Energienutzung durch Verbrennung bewertet.
Selbst wenn man hier keinen Anreiz zu „mehr Müll“ sieht, so wirkt die Volumenausweitung auf jeden Fall gegen stärkere Anstrengungen zu Müllvermeidung.
Egal ob man beiden Gesichtspunkten zustimmt oder nur einem: die erhebliche und unzeitgemäße Ausweitung der Verbrennungsmenge ist nicht plausible erklärt. Die Ausweitung verstößt in meinen Augen gegen das das Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Kimaschutz in 2021, in dem eine zügige Umsetzung klimaschonender Maßnahmen gefordert wird.
Ich fordere eine Prüfung, ob hier gegen das Grundgesetz verstoßen wird
Schadstoffausstoẞ
Mit den beantragten Grenzwerten kann sich der Schadstoffausstoß gegenüber der heutigen MVA erhöhen.
Fraktion | MVA 2007 erreicht | MVA 2026 beantragt | Erhöhung* um Faktor (ca.) |
Staub | 0,5 | 5 | 13x |
CO | 3,91 | 50 | 16x |
SO2 | 6,65 | 20 | 4 |
HCl | 0,33 | 6 | 24x |
Nox | 170,49 | 100 |
|
HF | 0,3 | 0,01 | 4x |
Hg | 0,002 | 0,01 | 7x |
Dioxine | 0,002 | 0,02 | 13x |
Erhöhung* = rechnerische Erhöhung bei Ausnutzung des in den Scoping-Unterlagen genannten
Grenzwertes gegenüber den erreichten Altanlagenwerten aus 2007, für 110.000 to/Jahr.
Wenn eine neue und „moderne“ Müllverbrennungsanlage bezüglich des Schadstoffausstoßes schlechter als der Vorgänger wird, bekommen Politik, Ämter und Behörden ein Legitimierungsproblem.
Ich fordere die Verpflichtung zu solchen Grenzwerten und zu solchen Betriebswerten, so dass beim Betrieb der Anlage erheblich weniger Gifte im Vergleich zur jetzigen MVA Tornesch-Ahrenlohe ausgestoßen werden. Trotz der geplant 37,5 % größeren Anlagenkapazität.
Filtertechnik – Elektrofilter fehlen
Fehlende Vorabscheidung durch Elektrofilter
Der alleinige Einsatz von Gewebefiltern ohne vorgelagerte Elektrofilter ist keine „Best practice“ und kann zu einer ineffizienten Staubvorabscheidung führen. Dies erhöht den Energieverbrauch und den Wartungsaufwand der Anlage mit langfristig ökologischen und wirtschaftlichen Nachteilen.
Temperaturempfindlichkeit der Filtertechnik
Gewebefilter sind anfällig für hohe Temperaturen, was ihre Zuverlässigkeit bei Betriebsstörungen oder Temperaturspitzen gefährdet. Eine Kombination mit robusteren Elektrofiltern ist sinnvoll, um die Betriebssicherheit zu erhöhen und Gift-Emissionen zu vermindern.
Ich fordere den Einbau von Elektrofilter aus o.g. Gründen.
Ich fordere die Verpflichtung zu Sicherheitsmaßnahmen, um defekte Gewebefilter zeitnah (automatisiert) zu entdecken und entsprechend darauf zu reagieren.
Kontinuierliche Messungen – soweit technisch möglich
Ich verweise auf die reale Gefahr kurzzeitig stark erhöhter Emissionen. Bspw in den 0er Jahren kam es in der MVA Tornesch-Ahrenlohe (und ganz Schleswig-Holstein) zu erheblich erhöhten Quecksilber-Emissionen.
Ich fordere: kontinuierliche Messungen, insbesondere, aber nicht ausschließlich aller Schwermetall-Emissionen, um erhöhte Emissionen zum Schutz der Menschen sofort zu entdecken und zu verhindern.
Vorbelastung durch 50 Jahre MVA – Jahrzehnte ohne Filter
Die Umgebung der MVA ist massiv vorbelastet. Dies wurde auch beim Erörterungstermin (2007-2009) anlässlich der MVA Erweiterung Tornesch Ahrenlohe auf 280.000 to/Jahr festgestellt.
Diese Umweltbelastung muss maßgeblich durch einen jahrzehntelangen MVA Betrieb seit 1973 entstanden sein, lange Zeit noch ganz ohne Filtertechnik.
Ich fordere eine erneute gründliche Analyse der Umweltbelastungen, um die jetzige Situation festzustellen.
Prüfung von Standortalternativen
Beeinträchtigung des FFH-Gebiets
Die neu geplante MVA wird unmittelbar in der Bilsbekniederung (FFH DE-2224-391) geplant.
Der Neubau der neuen MVA soll direkt neben einem gefährdeten Bach, dem Bilsbek, umgeben von Feuchtwiesen und Überschwemmungsgebieten stehen.
– Die Bilsbekniederung ist als EU-rechtlich geschütztes FFH-Gebiet (DE-2224-391) ausgewiesen. Der Managementplan von 2013 betont ihre Funktion als Verbundkorridor zwischen dem Himmelmoor und umliegenden Wäldern, u. a. für Fledermausarten und gefährdete Brutvögel wie Neuntöter und Schwarzkehlchen.
– Der geplante Bau verstößt gegen § 34 BNatSchG, der Projekte in FFH-Gebieten nur zulässt, wenn sie die Gebietsziele nicht erheblich beeinträchtigen. Eine MVA mit ca. 50-jähriger Laufzeit gefährdet die langfristige Entwicklung der Niedermoor-Grünlandflächen, die aktuell durch Extensivierung und Feuchtgebietsrenaturierung aufgewertet werden – (Nachweis kann erbracht werden).
Langfristige Klimarisiken
Bei einer Laufzeit von etwa 50 Jahren ist der Standort der neu geplanten Anlage durch den Meeresspiegelanstieg (aktuell 3–5 mm/Jahr in der Elbregion) und die prognostizierte Zunahme von Sturmfluten gefährdet. Dies widerspricht dem Vorsorgeprinzip des § 5 BbodSchG.
Standortsicherheit
Wie oben bereits ausgeführt ist der Standort der Anlage durch Meeresspiegelanstieg und Starkregenszenarien langfristig durch Überflutung gefährdet – bzw. gefährdet selber im Extremfall (Löschwasser …) das Niederungsgebiet.
Vorbelastung
(siehe auch weiter oben)
Gemäß dem Verschlechterungsverbot aus EU-Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG, 2009) und Fauna-FloraHabitat-Richtlinie, FFH-RL (Art. 6 Abs. 3, 1992) sind alle Handlungen (Vorhaben, Planungen, Maßnahmen, Veränderungen und Störungen) verboten, die zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes … führen können.
Ich stelle fest, dass sowohl der Bau, wie auch der jahrzehntelange Betrieb, die zugehörige Verkehrsbelastung und die Emissionen die Situation verschlechtern werden.
Fernwärmenutzung
Der Standort ist zudem schlecht gewählt in Bezug auf die Fernwärmenutzung mit großer Entfernung zu Fernwärmeabnehmern. Das ökologische Potential ist damit schlecht nutzbar – die ökologische Effizienz wäre an geeigneten Standorten besser.
Dass andere Lösungen sinnvoller sind, zeigen bspw. die Standorte der entsprechenden Anlagen in Kiel oder Neumünster.
Landschaftsbild
Das Landschaftsbild wird durch den geplanten Hochbau mit dem 59 m hohen Schornstein maßgeblich verschlechtert.
Im Landschaftsplan der Stadt Tornesch (1992) heißt es
Der Landschaftsplan der Stadt Tornesch von 1992 stellt die Vorhabenfläche als Grünfläche (Dauergrünland und Bauflächen mit Grünanteil) und Freifläche dar (vgl.Abbildung 8). Der Landschaftsplan erwähnt den Esinger Wohld (Staatsforst Rantzau östlich Tornesch) südl Bei dem Vorhaben Ersatzneubau des MHKW Tornesch handelt es sich um ein Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB. Die Erschließung des Vorhabens ist gesichert und es handelt sich um ein Vorhaben, welches der öffentlichen Versorgung mit Wärme dient. Entsprechend ist ein Antrag auf Ausnahme von den Verboten der Kreisverordnung zum LSG des Kreises Pinneberg zu stellen.
Ich stelle fest: die Wärmeversorgung ist – nachgelagert der Müll-Entsorgung – nur ein sekundäres Ziel. Das zeigt auch die mangelnde Effizienz (s.o.).
Ich fordere eine offene Standortuntersuchung zur Suche besser geeigneter Standorte, die den Aspekten Naturzerstörung, Landschaftszerstörung, Standortsicherheit und effizienter Fernwärmeversorgung Rechnung trägt.
Einwendungen zum angekündigten Verfahren
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens mit Umweltverträglichkeitsprüfung wird vom LfU (Landesamt für Umwelt) ein öffentlichen Erörterungstermin angekündigt.
Die mögliche Fortsetzung als Online-Termin erkenne ich nicht an.
Begründung: online geführte Anhörungen führen zu einer schlechteren Dynamik und Wahrnehmung mit unverhältnismäßig großen Nachteilen der Einwandsvortragenden, die möglicherweise mangels geeigneter Technik sogar ausgeschlossen wären.
Kältemittel
Es wird im Antrag nicht angegeben, welche Kältemittel eingesetzt werden sollen und welche Maßnahmen zu deren sicherer Handhabung vorgesehen sind.
Klimaschädigende Kältemittel sollten nicht genehmigt werden.
Ich vermisse Planungsangaben hierzu.
Einstufung und Behandlung von Brandgasen
Bunkerbrände kommen immer wieder vor. Entsprechend der Störfallverordnung sind z.B. die Mengen und die Beseitigungsmöglichkeiten der Brandgase unter Berücksichtigung der stofflichen Zusammensetzung, also deren Gefährlichkeit, zu betrachten und entsprechende Maßnahmen für den Brandfall zu planen und vorzusehen.
Ich befürchte, dass die vorgesehenen Maßnahmen der Absaugung der Brandgase unzureichend sind und hochgiftige Abgase in die Umwelt gelangen können.
Ich fordere eine Planung, die eine sichere Abführung und Behandlung der Brandgase ermöglichen vor dem Austreten in die Umwelt sicher stellen.
Kritische Infrastruktur
Die geplante Anlage ist aufgrund ihrer Größe und der zu bearbeitenden eingesetzten und erzeugten Stoffe nach den Kriterien der Kritischen Infrastruktur zu planen (Gesetz seit 2021).
Neben den Mindestanforderungen des Gesetzes sollten hier besonders die Resilienz sektorenübergreifender Ereignisse Beachtung finden (Domino- und Kaskadeneffekte).
Ohne diese Nachweise darf keine Genehmigung erteilt werden.
Mit freundlichen Grüßen,
[Name]
[Absenderangaben Vollständiger Name und Anschrift des Einwenders]
[Aktenzeichens: G50/2024/017 – ist oben eingefügt]
[Unterschrift – nur bei schriftlicher Einreichung ]